abc-Etüde, Pilzpfanne

Die abc-Etüden sind eine Schreibeinladung von Christiane auf: irgendwas ist immer.

Die Wörter für die Textwochen 16/17 des Schreibjahres 2021 stiftete Doro mit ihrer Webseite/Blog DORO|ART. Sie lauten:

Pfanne
glücklich
trennen.

Wie immer an dieser Stelle der Verweis auf den Etüden-Disclaimer. Die Headline für die Etüden heißt: 3 Begriffe in maximal 300 Wörtern.


Pilzpfanne

Er zeigte dem Besitzer seinen Ausweis und genoss es zu sehen, wie diesem das Blut aus dem Gesicht wich.

„Ich darf dann mal.“ Er ging an ihm vorbei, rempelte ihn dabei sogar ein wenig an. Er hatte gelernt, dass ihm dies einen noch größeren Respekt verschaffte.

Er sah auf den Fußboden. Es sah aus, als wäre hier seit Wochen nicht mehr gefegt worden. Kleine Essensreste und die dreckigen Fußspuren ließen die eigentlichen Bodenfliesen kaum noch erkennen, doch deswegen war er nicht hier. Essen soll ja glücklich machen, aber er hatte gelernt, dass dies längst nicht für jedes Essen gilt.

Zielsicher und ohne zu zögern ging er auf die Küche zu. Der Besitzer trottete hinter ihm her.

Als er die Küche betrat, war selbst er überrascht. Er hatte mit einem Chaos gerechnet, aber dieser Anblick raubte selbst ihm für einen Moment den Atem, vom Geruch ganz zu schweigen. Eine schwere Wolke, die so sehr nach abgestandenem Fett roch, dass man das Gefühl hatte, sie würde sich direkt auf die eigene Haut legen, hing in der Luft. Der ganze Raum schien mit einer schmierigen Schicht bedeckt zu sein. Die drei Mülleimer quollen so über, dass hier nichts mehr getrennt werden konnte.

Auf dem Herd köchelte ein Topf mit etwas vor sich hin, das mit viel Optimismus wie eine Tomatensoße aussah. Der klebrige Rand des Topfes ließ nur schwer erahnen, wie oft er bereits verwendet worden war. Neben dem Herd stapelten sich die Pfannen und Töpfe aus denen zum Teil bereits der Schimmelpilz herauswuchs.

Er drehte sich zum Besitzer und weidete sich am Schrecken in dessen Gesicht.

„Das sieht aber gar nicht gut aus“, sagte er nachdrücklich. „Was können wir denn da machen?“ fragte er provokant.

abc-Etüden, Medium?

Die abc-Etüden sind eine Schreibeinladung von Christiane auf: irgendwas ist immer.

Die Wörter für die Textwochen 16/17 des Schreibjahres 2021 stiftete Doro mit ihrer Webseite/Blog DORO|ART. Sie lauten:

Pfanne
glücklich
trennen.

Wie immer an dieser Stelle der Verweis auf den Etüden-Disclaimer. Die Headline für die Etüden heißt: 3 Begriffe in maximal 300 Wörtern.


Zukunftsdialoge: Medium?

„Alfons? Hast du Hunger?“

„Oh ja ziemlich.“

„Dann hau ich uns mal zwei Steaks von glücklichen Kühen in die Pfanne.“

„Haha, ja der war gut. Steaks von glücklichen Kühen! Und dann noch in einer Pfanne, herrlich. Das klingt wie aus einem 80er Jahre Film.“

„Na warte mal ab“, sagte er und ging in die Küche. Alfons folgte ihm.

Er griff in den Kühlschrank und holte ein Päckchen heraus.

„Und? Woraus sind deine Steaks?“, fragte Alfons.

„Ok. Du hast mich erwischt. Es sind natürlich keine echten Steaks. Die kann man nicht mehr bezahlen.“

„Und was hast du stattdessen?“

„Buffalowürmer.“

Alfons verzog etwas das Gesicht. „Na immerhin besser als die Pilzvariante. Ich finde da schmeckt man noch immer die Sägespäne auf denen sie wachsen.“

„Aber jetzt kommt der Clou.“

Alfons zog die Augenbrauen hoch und sah ihn an.

Er beugte sich vor und griff so weit sein Arm reichte tief in den Schrank hinein. Er stöhnte und zog dann mit Mühe eine schwere, schwarze, gusseiserne Pfanne hervor.

„Wo hast du die denn her?“, fragte Alfons erstaunt.

„Als sie damals den Herd abgebaut haben, hätte ich sie fast weggeworfen, aber ich konnte mich einfach nicht davon trennen. Ich dachte irgendwann wird es doch mal wieder etwas zum Braten geben.“

„Und? Gab es in den letzten … wann haben sie die Küchenherde abgeschafft? Vor acht Jahren? Gab es seitdem was zum Braten?“

„Naja, eher selten, aber hin und wieder.“

„Aber wie willst du die Steaks darin braten? Du kannst das Ding ja nicht in den Induktomaten stellen. Der würde ja glatt explodieren, bei der Menge an Metall.“

„Ich habe im Garten, hinter dem Geräteschuppen, mir eine kleine illegale Feuerstelle angelegt.“

Alfons pfiff vor Erstaunen.

„Bereit gegen ein paar Regeln zu verstoßen?“

„Für ein wirklich gebratenes und nicht mit Wellen erwärmtes Stück Wurm? Unbedingt!“

abc-Etüde, Ich bin Klaus

Die abc-Etüden sind eine Schreibeinladung von Christiane auf: irgendwas ist immer.

Die Wörter für die Textwochen 16/17 des Schreibjahres 2021 stiftete Doro mit ihrer Webseite/Blog DORO|ART. Sie lauten:

Pfanne
glücklich
trennen.

Wie immer an dieser Stelle der Verweis auf den Etüden-Disclaimer. Die Headline für die Etüden heißt: 3 Begriffe in maximal 300 Wörtern.


Ich bin Klaus

Seit zwei Stunden ging er in der Menge umher. Er war erfahren genug, um rechtzeitig zu erkennen, an welchen Stellen die Stimmung zu kippen drohte. An welchen Stellen er die Mitläufer aktivieren und die Situation eskalieren lassen konnte. Und er war nicht allein. Er kannte zwar niemanden, der hier unterwegs war, aber das gehörte zum Auftrag.

Er vernahm aus einem vorderen Teil des Zuges Stimmen, die langsam lauter wurden. Das waren wichtige Anzeichen für ihn. Er spürte intuitiv, dass es bald soweit sein würde. Sein Gefühl trügte ihn selten. Er konnte seine Einsätze in ganz Europa schon nicht mehr zählen. Anfangs hatte er mit der Aufgabe gehadert. Er hatte regelrecht ethische Bedenken und gefährlich war der Job auch noch. Wenn die Lage wirklich eskalierte, konnte er sich nicht zu erkennen geben. Rein optisch war er nicht von den anderen zu unterscheiden. Niemand durfte wissen, dass er einen Auftrag hatte.

Nur äußerst selten war es ihm gelungen, den notwendigen Funken zu entfachen und sich dann von der entbrannten Gruppe zu trennen, um aus dem Kessel zu entkommen.

Die Stimmen im vorderen Teil wurden lauter. Er schob sich den letzten Bissen Pfannen-Brot vom Imbiss an der Ecke in den Mund und drängte sich nach vorne. Er spürte, wie das Adrenalin anstieg. Er stimmte in die Rufe ein und skandierte neue Parolen, wenn es zu ruhig wurde. Er rief, er fluchte, er schimpfte, er steckte andere Menschen mit seiner Aufgebrachtheit an.

Nein, glücklich machte ihn diese Arbeit nicht, aber dieser Kick, wenn die Stimmung auf des Messers Schneide stand, war unbeschreiblich. Inzwischen war die kleine Gruppe immer lauter und aggressiver geworden. Jetzt würde es sich entscheiden. Es fehlte nur der bekanntliche Tropfen zum Überlaufen. Er spürte wie das Blut in seinem Kopf pochte, als er auf einen Polizisten zuging und diesen kraftvoll wegstieß.


1986 sang Heinz Rudolf Kunze „Dies ist Klaus“. Ein Lied über einen Provokateur auf Demonstrationen. Ich hatte mir damals nie vorstellen können, dass es so etwas wirklich gab. Oder sollte man sagen, dass es so etwas wirklich gibt???