Der Dienstag dichtet, Das (W)under der Stille– Alphabet der Stille – W

Jeden Dienstag gibt es bei Katha ein selbst geschriebenes Gedicht und ich schließe mich dem gerne an.


Aus meinem Alphabet der Stille:

Das(W)under der Stille

es ist als betrete ich eine andere Welt

dabei bewege ich mich nicht von der Stelle

doch wenn alles um mich herum abfällt

spüre ich sie – bis in jede Zelle

sie kann unglaublich kostbar sein

aber manchmal auch kaum zu ertragen

mal ist sie ganz sanft und ganz rein

und mal voll mit quälenden Fragen

und doch gilt es das Wunder zu sehen

welche sie tief in sich birgt

wenn wir es wagen in ihr zu stehen

zulassen – dass sie auf uns wirkt

dann können wir uns selbst erleben

ganz ungeschützt und unbestimmt

uns über die Sicht der Welt erheben

und endlich sein – was wir sind

abc-Etüde, Birkenkraft

Die abc-Etüden sind eine Schreibeinladung von auf irgendwas ist immer.

Die Wortspende für die Textwochen 12/13 des Jahres 2022 stammt von Maren mit ihrem Blog Ich lache mich gesund. Sie lautet:

Birke
blumig
entgiften.


Birkenkraft

Ruhelos ging er durch den Park. Er wusste nicht wohin mit sich, wusste nichts mit sich anzufangen. Wann hat er angefangen, sich selbst nicht mehr ernst zu nehmen? Wann hatte er angefangen, andere Menschen über sich selbst zu stellen? Er spürte eine Unruhe, einen Schrecken, eine Angst in sich. Seit wann war er sich und dem Leben nicht mehr genug? Sicher er hatte seine Schwächen, aber wer hatte dies nicht? Doch er wollte sich keine seiner Schwächen verzeihen, wollte sie bekämpfen. Sein ganzes Leben kam ihm wie ein Kampf vor und jeder kleine Sieg sah am Ende doch wie eine Niederlage aus. Jedes Licht am Ende eines Tunnels führt nur wieder in einen neuen Tunnel.

Er setzte sich atemlos und mit klopfendem Herzen auf eine Bank unter einer aufblühenden Birke. Er sah ihre Schönheit nicht. Er spürte nicht, wie der blumige Duft der Frühblüher seine Nase umschmeichelte und die Birke in ihrer Ruhe, die sie auf ihn übertrug, ihn langsam entgiftete, von einigen seiner schweren Gedanken.

Er faltete seine Hände und starrte sie an. Was würde er tun müssen, um liebenswert zu sein, um ausreichend liebenswert zu sein, um so liebenswert zu sein, dass er geliebt werden würde. Er hatte einmal gelesen, dass ein Mensch nie mehr Liebe empfangen könnte, als er sich selbst geben konnte. Der Satz kam ihm in den Sinn und leise murmelte er vor sich hin: „Dann bin ich echt am Arsch.“ Dabei sehnte er sich nach nichts anderem und hatte das Gefühl selbst, voller Liebe zu sein, wenn er sich nur nicht dauernd selbst im Weg stehen würde. Wie könnte es ihm gelingen, mit sich selbst ins Reine zu kommen, sich selbst zu mögen, sich selbst zu ….

Er sah auf, blickte in die Frühlingssonne und für einen kurzen Moment, sah er die Schönheit des Lebens.