
Die abc-Etüden sind eine Schreibeinladung von auf irgendwas ist immer.
Die Wörter für die Textwochen 40/41 des Schreibjahres 2021 stiftete Yvonne mit ihrem Blog umgeBUCHt. Sie lauten:
Geheimkünstler
sperrig
suggerieren.
Ist dad Kunst oder …
„Herr Neumann, wir haben lange auf ihre Ausstellung hier im Foyer der Neuen Nationalgalerie gewartet. Niemand hat gewusst, was sie zeigen werden. Sie sind ihrem Ruf als Geheimkünstler wirklich gerecht geworden. Nun stehen wir vor ihrem Exponat und ich bin gelinde gesagt etwas irritiert.“
„Das freut mich sehr.“
„So, das freut sie? Na das ist ja schön. Ihr Werk ist eine weiße Leinwand hinter der scheinbar ein Bildschirm ab und an ein paar Linien zeigt. Kann man das so sagen?“
„Auf keinen Fall.“
„Wie würden sie es denn beschreiben?“
„Dieses Werk führt zu einer Interaktion mit ihnen.“
„Wirklich?“
„Gehen sie einmal etwas näher heran.“
Der Kritiker geht näher an das Bild heran.
„Sehen sie?“
„Ehrlich gesagt nicht.“
„Die Darstellung hat sich verändert. Es gab eine Reaktion.“
„Es ist nichts passiert.“
„Aber schauen sie doch genauer hin.“
Der Kunstkritiker beugt sich noch näher zum Werk. „Es passiert absolut nichts.“
„Aber bemerken sie es denn nicht?“
„Sie wollen mir hier doch nur etwas suggerieren, um ihr Werk zu verteidigen. Es passiert absolut nichts.“
„Gar nichts?“
„Nein gar nichts.“ Der Kritiker entfernt sich mit vorsichtigen Rückwärtsschritten wieder von der Leinwand. „Sehen sie, es passiert nichts.“
„Nein, das sehe ich nicht.“
„Wie meinen sie das?“
„Ich sehe, dass etwas passiert. Haben sie es nicht bemerkt?“
„Nicht das geringste. Mal ehrlich Herr Neumann, nennen sie das wirklich Kunst?“
„Ach wissen sie, Kunst ist ein sehr sperriger Begriff. Die Frage ist ja, wie man ihn füllt.“
„Wie würden sie ihn füllen.“
„Nun, Kunst macht etwas mit den Menschen, die sie betrachten.“
„Also ist das hier keine Kunst!“
„Also ich glaube, das Bild hat etwas mit ihnen gemacht. Fühlen sie sich nicht anders, als vor der Betrachtung?“
Inspiriert durch die Aussage von Peter Sloterdijk, dass jeder ein Recht auf freie Illusionsausübung habe. „Du musst dein Leben ändern“, S. 166
Sehr schön. 😉
Ich fühle mich eindeutig anders als vor dem Lesen, es macht etwas mit mir, nur was? Hm … 👍
Neee, ist gut. Passt wirklich. Prima.
Vielen Dank! 😁
Morgenkaffeegrüße 😏🌧️☕🍪👍
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Auch mit mir hat es was gemacht: ich grinse und erinnere mich an die vortreffliche Aufführung des Werkes „Kunst“ in Berlin, lang lang ist’s her, aber die inneren Erschütterungen durch Lachanfälle fühle ich immer noch. Auch da geht es bekanntlich um eine weiße Leinwand, noch ohne Monitor. 😅
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Über Kunst lässt sich eben ganz vortrefflich diskutieren. 😊🙏🌻
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Ich muss bei dem Thema immer an Duchamps Toilette denken. Da gefällt mir dein Kritiker schon besser. Der ist immerhin ehrlich. 😉
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Tja, die Frage nach „Kunst oder kann das weg“ stellt sich ja an mancher Stelle. Ich finde Kunst auch oft überladen. Wenn ich erst zwei Bücher lesen muss, um das Werk zu verstehen, dass hat es aus meiner Sicht seine Wirkung verfehlt. 😊🙏🌻
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Ich mag etwas umfangreicheren Hintergrund von Werken manchmal ganz gerne. Kommt halt drauf an.
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Ich mag es auch mehr über Werke zu erfahren und doch mag ich es noch mehr, wenn mich das Werk direkt anspricht noch bevor es sich erklärt.
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Was hast du gegen Duchamps ready-made, liebe Katherina? Ist ein wohlgestaltetes Pinkelbecken denn eine schlechtere Skulptur als zB Bronze-Portraits unserer Staatenlenker?
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Gar nichts. Ich finde ihn sogar fantastisch. Ich mag Kritiker und Kunstverständigr dafür gar nicht. 😅
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Nennt man abstrakte Kunst nicht auch gegenstandslose Kunst?
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aber ist sie damit auch bedeutungslos? 😊🙏🌻
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Nur dann, wenn sie keine abstrakten Gegenstände zum Inhalt hat.
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