Der Dienstag dichtet, Die (Q)uelle der Stille– Alphabet der Stille – Q

Jeden Dienstag gibt es bei Katha ein selbst geschriebenes Gedicht und ich schließe mich dem gerne an.


Aus meinem Alphabet der Stille:

Die (Q)uelle der Stille

aus der Quelle der Stille

schießt keine Fontäne

sie gleitet sanft empor

wie eine süße Träne

sie breitet sich aus

in konzentrischen Kreisen

sie wirklich wahrzunehmen

macht Spürende zu Weisen

um aus ihr zu schöpfen

sei wachsam und entschieden

du brauchst etwas Sanftmut

und inneren Frieden


Das Video zum Gedicht gibt es hier:

Musik: Choir


Lest auch bei:
Stachelbeermond
Mutigerleben
Wortgeflumselkritzelkrams
Werner Kastens
Findevogel
Berlin Autor
Nachtwandlerin
Lindas x Stories
La parole a été donnée à l’homme
Gedankenweberei
Emma Escamila
Wortverdreher
Lebensbetrunken
Vienna BliaBlaBlub
Heidimarias kleine Welt
Traumspruch
Red Skies over Paradise
Your mind is your only limit
Dein Poet
Geschichte/n mit Gott

abc-Etüde, Familientradition

Die abc-Etüden sind eine Schreibeinladung von auf irgendwas ist immer

Die Wörter für die Textwochen 42/43 des Schreibjahres 2021 stiftete die Frau Puzzleblume mit ihrem Blog Puzzle❀. Sie lauten:

Biedermeier
niederträchtig
flöten.


Familientradition

Der Schweiss lief ihm bereits kalt den Rücken herunter. Er wusste, gleich wäre er dran und es würde kein Entkommen geben. Alle würden sie ihn anstarren und er würde versagen, jämmerlich versagen. Es war ja nicht so, dass er es nicht versucht hätte, aber er hatte einfach kein Talent dafür. Leider würde er mit dieser Ausrede nicht durch kommen, ganz im Gegenteil. Insbesondere sein Großvater würde eine fehlerfreie Darbietung von ihm erwarten. Das war immerhin eine Familientradition und in Sachen Tradition war sein Großvater ein echter Biedermeier.

In den letzten Jahren hatte seine Schwester die Aufgabe immer mit Bravour gelöst, doch in diesem Jahr war er dran. Seine Schwester war der Meinung, er wäre nun alt genug dafür. Er fand, das war eine niederträchtige Lüge, aber seine Eltern hatten dem zugestimmt. Immerhin hatte das Gespräch im August stattgefunden, so dass er ausreichend Zeit zur Vorbereitung gehabt hatte. Zugegeben, vier Monate scheinen lang, aber für jemanden ohne Talent war es geradezu ein Wimpernschlag.

Gestern hatte er noch versucht, sich mit Bauchschmerzen frei zu kaufen, doch alles, was er bekommen hatte, waren eine Wärmflasche und ein Karamelbonbon. Es führte einfach kein Weg daran vorbei.

Der peinliche Moment rückte immer näher. Er überlegte, ob er simulieren sollte, sich übergeben zu müssen. Wobei er da vielleicht näher dran war, als er es sich selber eingestehen wollte. Doch irgendwie brachte er es nicht übers Herz. Er wusste nicht, was die größere Katastrophe sein würde: Wenn er die Tradition unterbräche oder wenn er sich als völlig unfähig präsentieren würde. Es war die Wahl zwischen Pest und Cholera.

Das Kaffeegeschirr wurde abgeräumt. Freudestrahlend und voller Erwartung baute seine Großmutter den Ständer auf. Er stellte sich davor, damit es wenigstens so aussah, als würde er es versuchen. Dann nahm er sein Instrument und begann „Stille Nacht“ zu flöten.

Ausdruck der Woche (43), Grenzgebiet

Jede Woche achte ich darauf, welche Ausdrücke mir so begegnen, um sie dann auf die eine oder andere Art und Weise zu betrachten.


Heute ein Blick auf die Ereignisse im Grenzgebiet von Polen.

Grenzgebiet

wir sind eben nicht

über den Wolken

und hier unten

unter den Wolken

werden die Grenzen

immer enger

fester

massiver

eine Linie

ein Zaun

ein Stacheldraht

eine Mauer

warum halten wir

Menschen davon ab

dorthin zu kommen

wo wir geradezu

zufällig sind

würden wir

wenn wir dort wären

bleiben wollen?


Eine Grenze, so hart oder weich sie auch gezogen ist, kann nicht die Antwort sein.