
Die abc-Etüden sind eine Schreibeinladung von Christiane auf irgendwas ist immer.
Nach guter Tradition werden die ersten Wörter nach dem Break immer von dem Etüdenerfinder (oder von mir) gespendet. Für die Textwochen 36/37 des Schreibjahres 2021 stammt die Wortspende von Ludwig Zeidler (bloggt nicht mehr). Sie lautet:
Schlick
ominös
putzen.
Wat?
„Putz dir die Schuhe gründlich ab“, rief sie ihm von weitem entgegen. „Beim letzten Mal hast du das ganze Haus versaut.“
Er nickte, sah betroffen zu Boden. Der Schlick aus dem Watt ging ihm an seiner Anglerhose bis weit über die Knie. Etwas war sogar in die Hose hineingelaufen.
„Weiß du, wie spät es ist?“ Ihre Stimme klang schrill.
Er kannte diesen Ton. Das würde kein gemütlicher Tag werden.
Schuldbewusst murmelte er: „Tut mir leid“, und spülte sich den Schlick von der Hose. Er wusste, warum es jeden Abend später wurde, aber wie könnte er ihr das sagen? Sie würde ihn für verrückt halten. Im Grunde zweifelte er ja sogar an sich selbst.
Alles hatte vor zwei Monaten begonnen. Auf seinem Weg zu den Fischreusen war er plötzlich in eine ominöse Nebelbank gekommen. Die Sonne stand schon viel zu hoch, als dass sich eine solche Nebelbank hätte halten können. Er war einfach hindurchgewatet. Als sich der Nebel lichtete, sah er am Horizont, mitten im Wattenmeer, ein Schloss. Es wirkte, als hätte die Ebbe es zurückgelassen. Eine Halluzination? Er wusste es nicht. Er konnte auch nicht einschätzen, wie weit es entfernt war. Er konnte nichts weiter machen, als da zu stehen und es zu betrachten. Das tat er seitdem jeden Tag ein wenig länger. Inzwischen war er schon zwei Mal auf dem Rückweg von der Flut fast eingeholt worden. Mehrfach hatte er vergessen, seine Reusen zu leeren. Er wusste nicht, was ihn so faszinierte, aber er konnte sich mit jedem Tag schlechter von dem Anblick lösen. Schon jetzt freute er sich auf den Morgen.
„Komm jetzt endlich rein“, rief seine Frau. „Du wäscht schon seit einer Stunde deine dämliche Hose.“
Er sah auf den Schlauch in seiner Hand und den Schlick. Dann ließ er den Schlauch fallen und verließ den Hof.
Super. Eine Geschichte sehr nach meinem Geschmack. Ich überlege gerade … Rungholt? Vineta? Gab es da Schlösser? Hmmmmmm. 😉
Tolle Idee: Gibt er wirklich seinen Alltag für seinen Traum auf oder doch nicht? Die Märchen sind voll von Menschen, bei denen es geklappt hat – und die Polizeistatistiken von den anderen … 😀
Danke dir, auch dir eine gute Woche! 😀
Montagmorgenkaffeegrüße! 😀
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Ehrlich gesagt, habe ich gar nicht die alten Sagen vor Augen gehabt. Aber ein Schloss ist immer für eine schöne Halluzination oder die Manifestation eines Wunsches gut.
Ich glaube in den U-Bahnen von Berlin sind auch eher Menschen, bei denen es nicht geklappt hat. 😊
Abendgrüße 😊🙏🌻🍷🛋
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Also ehrlich: Bei dem Weibsstück (sorry) würd ich mich auch lieber mit Watt-Morganas ablenken😂. Schöne Geschichte. Mit ungewissem Ausgang…
Liebe Grüße, Anja
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Ja, ich habe sie schon nicht so nett dargestellt. Später kam mir der Gedanken, dass ich vielleicht unbewusst bei der Fischer un sin Fru war, aber wie immer in einer Beziehung, gehören zwei dazu. Naja, jetzt vielleicht nur noch eine.
Liebe Grüße
Christian
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ein Schloss – nur ein Schloss? Vineta hatte jedenfalls auch eine Sehnsuchtsfrau zu bieten. https://gerdakazakou.com/2015/06/06/der-poet-und-die-versunkene-stadt-vineta/
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und was mit dem Wagen und dem Pferd???
Ach versunkene Stadt sind doch immer wieder die Geburtsstädte von Sehnsuchtsstürmen.
😊🙏🌻
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Vielleicht ist es ja echt und man muss sich nur trauen hinzugehen.
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Vielleicht wird es nur echt, wenn man darauf zugeht?
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wunderschöne Geschichte!!!
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Vielen Dank!!! 😊🙏🌻
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Ich wünsche ihm, dass er dort eine hübsche Nixe trifft!
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Na das wäre ja ein schönes Happy End! 😊🙏🌻
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Lieber Christian, ich habe dir am Samstag eine Mail geschrieben, kannst du bitte mal schauen, ob die im Spam gelandet ist, bzw. Bescheid geben, ob/dass du sie hast? 🤔😁👍
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Liebe Christiane, die Mail ist da und ich denke ich habe meine drei Wörter bis heute Abend zusammen.
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