Das Licht tanzen

Das Licht tanzen! Es klingt als würde Monet sagen, mal das Licht. Wie soll das gehen? Wie soll etwas so unfassbares, durchdringendes, metaphysisches mit den bloßen Bewegungen eines Körpers gezeigt werden können? Die Antwort ist doppelt einfach. Erstens, es geht nicht. Auch Monet hat nur seinen Eindruck von Licht gemalt und seinen Eindruck kann jeder tanzen, denn niemand außer man selbst könnte diesen individuellen Eindruck teilen oder mit anderen Eindrücken vergleichen. Und zum zweiten ist Tanzen nicht bloße Bewegung, nicht bloße Muskelkontraktionen oder Schritte über dem Boden. In der Kombination mit Musik, Ausdruck und Hingabe entsteht etwas ebenfalls metaphysisches, dass jenseits von Musik und Bewegung liegt. Wer nicht im Takt mitzählend seine vorfigurierten Füße setzt, sondern sich von der Musik und dem Augenblick mitreißen lässt, der entblößt sich für einen Moment. Öffnet sich von Innen, um den Zauber der Musik aufnehmen zu können und wird dabei ganz unfreiwillig und doch nicht unerwünscht den anderen einen Einblick in sein Innerstes gewähren. Wenn es dann zu einer Begegnung kommt, einem miteinander Schwingen, dass nur auf dem gemeinsamen Erleben der Musik und der gegenseitigen Wahrnehmung liegt, dann kommt das einer kosmischen Explosion gleich. Es ist, als würden Zeit und Raum verklingen. Es kommt zu einer unberührten Berührung, die tiefer geht, als alles, was man sich vorstellen kann und die doch so flüchtig sein kann, wie ein verlorener Taktschlag. Ich habe auf der Tanzfläche Dinge gesehen, die so flüchtig waren, dass ich sie niemandem erzählen kann und die doch so beständig sind, dass sie deutliche Spuren hinterlassen haben. Kaum vorstellbar, was so ein leichtes „darf ich bitten“ auslösen kann.